DIE TAUSCHBÖRSE

Harald Schmidt (Gebundene Ausgabe) o. Schutzhülle

Autor:
Verlag:
Ullstein Verlag
Jahr:
2003
Seitenzahl:
240
ISBN:
9783550075643
Medium:
Taschenbuch
Sprache:
Deutsch
Anbieter:
(492)

Artikel angeboten seit:
22.06.2008
Tickets:
1
Zustandsbeschreibung
Sehr guter Zutand (aber ohne Schutzhülle)!
Artikelbeschreibung
ein Wunder, dass Harald Schmidt von der Idee einer Biografie nicht begeistert war und jede Zusammenarbeit verweigert hat. Gehört es doch zu seinem Beruf, seine Persönlichkeit selbst live vor der Kamera zu offenbaren -- wenn er beispielsweise das Publikum an seiner Hypochondrie teilhaben lässt. Die Journalistin Miriam Lau hat es dennoch gewagt, die erste Harald-Schmidt-Biografie zu schreiben. Und das Wagnis hat sich gelohnt. Unter anderem, weil die Autorin mit einer Haltung, die man als kritische Verehrung umschreiben könnte, an die Sache herangeht. Sie findet Schmidt gut, bezeichnet sich gar als Fan -- analysiert aber andererseits klug und detailliert und missbilligt auch manche Entwicklung.

Immerhin ist der Mann, der das amerikanische Format der Late Night Show erfolgreich für Deutschland adaptiert hat, seit über sieben Jahren vier Mal pro Woche zu sehen. Dabei hat sich Schmidt verändert. Miriam Lau beschreibt seinen cleveren "Relaunch": Aus Dirty Harry wurde "His Schmidtness". Statt Witzen unter der Gürtellinie dominieren jetzt eine wertkonservative Gelassenheit und ein Hang zum Bildungsfernsehen, wenn etwa mit Playmobil-Figuren klassische Oper nachgespielt oder eine ganze Sendung Französisch parliert wird. Lau erzählt Schmidts Vita als eine "Aufsteigerlegende mit glücklichem Ausgang": aus kleinbürgerlichen Verhältnissen im Schwäbischen stammend, Schauspielschule, frustierende Jahre an einer Provinzbühne, ein Abstecher ins Kabarett und 1988 endlich der Sprung ins Fernsehen.

Die Biografie ist nichts für Leser, die sich Einsichten ins Privatleben erhoffen. Die Stärke Miriam Laus ist die Einbettung des vielschichtigen Phänomens Harald Schmidt in medientheoretische Zusammenhänge. Da wird schon mal Adorno zitiert, und größtenteils ist das spannend zu lesen. Beispielsweise der Vergleich der Harald Schmidt Show mit den amerikanischen Vorbildern von Carsons bis Lettermann und Leno. Oder die Frage, inwieweit Schmidt selbst eine Erscheinung von Fun-Gesellschaft und Comedy-Boom ist, sich aber gleichzeitig davon abzugrenzen versucht mit seinem "Spagat zwischen Massenkultur und Snobismus". Und das ist viel interessanter als irgendwelche private Enthüllungen. Die kann man getrost den Klatsch-Illustrierten überlassen.

Die Arbeit wurde Mariam Lau nicht gerade leicht gemacht. Da wollte sie die erste Biografie über den Meister des Entertainment schreiben, allein: Das Objekt der Begierde entzog sich stets und ständig allen Interviewanfragen der Journalistin. Mariam Lau war bereit, alles zu geben: "Ich spielte sogar mit avancierten Diätplänen: Falls ich ihm denn mal begegnen sollte, wollte ich nichts so maßlos vor mich hinwoppeln." Als alles nichts half, beschloss sie, die Biografie auch unautorisiert und ohne O-Töne vom Papst der Late Night zu schreiben. Und das ist auch gut so!

In Harald Schmidt hat das "öffentlich-rechtliche Kabarett" und ein Gutteil "bewährter" Fernsehunterhaltung seinen Meister gefunden. Die Zuschauer lieben ihn gerade wegen seiner bissigen Persiflagen auf die Rechthaberei der Gutmenschen. Jenseits vom bisweilen altbackenen Räsonnieren eines Dieter Hildebrandt unterhält Schmidt witzig und intelligent. Mariam Lau zeigt minutiös auf, wie Harald Schmidt sich zu dem entwickelt hat, der er heute ist. Schmidt war ein bedingungsloser Peymann-Anhänger und ein nicht sonderlich begabter Schauspieler. Schmidt war lange Jahre am "Kom(m)ödchen" in Düsseldorf als Kabarettist der "alten Schule" zu Gange. Und Schmidt machte Karriere im öffentlich-rechtlichen Fernsehen, das er heute mit Hohn und Spott überzieht.

Mariam Lau hat gründlich recherchiert und sich zum Beispiel auch in Harald Schmidts Geburtsstadt Nürtingen aufgemacht, die er selbst oft und oft durch den Kakao gezogen hat - ein Ort, den Lau durchaus sympathisch findet. Sie zeigt Schmidts Weg bis ins "Studio 449" in Köln und zeichnet dabei ganz nebenbei auch ein interessantes Bild der westdeutschen Gesellschaft, ihres Kabaretts und ihres Fernsehens. Leider hat das Lektorat (Kennen Sie den Pianisten "Richard Kleyderman"?) häufig versagt. Im Großen und Ganzen aber ist ein wirklich schönes Porträt eines großen Entertainers entstanden; für alle die, die mehr von Harald Schmidt wissen wollen als dessen beste Witze.
Schlagworte
Harald Schmidt Mariam Lau Satire Humor Witze Sketch Comedy