Das fünfte Kind

Leserillen

Doris Lessing, Nobelpreisträgerin, schrieb Ende der Achtziger den schmalen Roman "Das fünfte Kind". In diesem bemerkenswerten Buch erzählt sie über zwei Dekaden, von Mitte der Sechziger bis Mitte der Achtziger, die Geschichte des britischen Ehepaars Steve und Harriet, deren zu Anfangs überaus glückliche Beziehung scheitert. Schuld daran trägt das "fünfte Kind", Ben, ein "Unfall", der das bis dato harmonische, innige Familienleben zerstören wird. Ben ist kein "normales" Kind. Bereits im Mutterleib macht er Harriet durch schmerzhaftes, unaufhörliches Treten die Schwangerschaft so unerträglich, dass Harriet, die bis dato ausschließlich Hausgeburten hatte, auf eine eingeleitete Geburt bereits im achten Monat besteht. Ben kommt 5.500 Gramm schwer auf die Welt, nimmt in einem Monat weitere 2 Kilo zu. Er saugt seine Mutter im Wortsinne aus, attackiert ihre Brüste, sodass Harriett sehr bald zum Fläschchen greift. Auch hier braucht Ben die doppelte Dosis, um satt zu werden. Von dem Baby geht nichts Babyhaftes aus, es verbreitet eine dämonisch-aggressive Stimmung, als sei es nicht von dieser Welt. Es ist zu groß, zu stark, zu laut, zu unersättlich. Seine Augen sind kalt, sein ganzes Wesen fremd und feindselig, es macht seinen Geschwistern große Angst, sein Vater distanziert sich sehr bald von seinem eigenen Kind. Was hat Harriett da auf die Welt gebracht?

k.A.