DIE TAUSCHBÖRSE
Autor:
Verlag:
Heyne
Jahr:
2007
Seitenzahl:
414
ISBN:
9783453810785
Medium:
Softcover
Sprache:
Deutsch
Anbieter:
(195)

Artikel angeboten seit:
23.02.2017
Tickets:
2
Zustandsbeschreibung
Guter Zustand
Artikelbeschreibung
Clare Clark beschreibt eine Welt, die noch gar nicht so lange her, uns aber vollkommen fremd ist: die Welt vor der Toilettenspülung und der vollständigen Erschließung durch die Kanalisation: die Welt der Latrinen und Sickergruben. Wir brauchen nur unsere Eltern bzw. Großeltern fragen und da ist er: der Gestank!

Die Geschichte spielt überwiegend in der historischen Kanalisation Londons. Anfangs liest sich das wie eine Zumutung: Extremente, durch die Straßen wabernder übler Odem, verschiedene Aromen von Hundekot. Die Themse führt als offener Strom von Scheiße mitten durch die Hauptstadt, wobei sich die Klümpchen von Arm und Reich unterschiedslos aneinander reiben. Die aufsteigenden Dämpfe der Ausscheidungen bringen Krankheiten über die Menschen.

Der Markt, ein schmutziger Platz. Schicht auf Schicht liegen Aromen von Schuppen, Fischleibern, verdorbenem Fisch, Gedärme, Mägen, Blut übereinander.

Welch übles, düsteres Szenario - Gestank und Verwesung! Der Geruch kriecht förmlich aus den Buchseiten in die Nase. In großen Zügen überkommen einen zunächst Ekel und Abscheu. Doch auch kraftvolle Assoziationen von "das Parfum", Natura Morte, von Vanitas Bildern kommen auf: die Wahrheit im Moment des Vergehens. Das dunkle Bild gewinnt an Kontur.

Liebevoll werden die zwei Protagonisten, zwei Außenseiter beschrieben. William der Kanalvermesser, durch den Krimkrieg traumatisiert. Im düsteren Kanal und bei Selbstverletzungen spürt er am stärksten, dass er lebt. Er möchte ins Leben zurückkehren. Zarte Beschreibungen, Hoffnung und die Liebe zu seiner Frau und seinem Kind inmitten des ganzen Trübsals. Wie sich seine inneren Kämpfe nach außen Bahn brechen - die Autorin hat gut recherchiert - das ist solide, gute Schreibkunst. Sie erschafft intensive, beinahe schon transzendente Szenen.

Der langarmige Tom, alter Kanaljäger. Früher lieferte er den Gerbereien Hundekot, jetzt kümmert er sich um das, was die Kanalisation so hergibt, Fundstücke, Knochen, Ratten, auch Leichen bringen Geld. Er ist in der dunklen Gasse, wo die ganz üblen Gerüche sind und im Kanal "bis zu den Armen in Extrementen" zu Hause. Auch hier zeichnet die Autorin ein starkes Licht im Dunkel: die gegenseitige Liebe mit der Hündin "Lady". Dabei wird es einem ganz warm ums Herz.

Die zwei Außenseiter sind kaum noch mit der Gesellschaft verbunden. Beide straucheln, fallen, und finden keinen Rückhalt mehr, sie sind auf sich allein gestellt. Tom verliert Lady. William verliert seinen Job, seine Existenz, er kommt in die Anstalt und wird des Mordes angeklagt. Niemand glaubt ihm, bis auf einen unerfahrenen Anwalt. Hier findet eine Vorverurteilung durch die Gesellschaft statt.

Die starken Bilder die der Text zeichnet gewinnen noch eine andere Qualität: sie werden zum Sinnbild der Düsternis und der Niedertracht in der Gesellschaft.

Wie wunderbar die Handlungsstränge aufeinander zulaufen. Welch unerwartete, furiose Höhepunkte die Autorin am Ende noch setzt, das gehört zur großen Literatur. Inmitten der Düsternis dürfen auch die romantischen Motive stark und ungebrochen auftreten. Selten hat ein Buch derart vielfältige Sinnesempfindungen und Gefühle, von Abscheu bis Hochgefühl, bei mir angesprochen. Lesen!
London 1855. Unter der Stadt erstreckt sich ein gewaltiges Labyrinth von alten Tunneln, das Menschen aller Couleur anzieht. Die einen suchen nach Dingen, die sich zu Geld machen lassen, andere sind auf der Flucht vor ihrer Vergangenheit. Bis ein grausiger Mord geschieht, der ganz London erschüttert.

Schlagworte
k.A.

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