DIE TAUSCHBÖRSE

Ein Tag im Leben des Iwan Denissowitsch

Verlag:
dtv
Jahr:
1975
Seitenzahl:
131
ISBN:
9783423007511
Medium:
Taschenbuch
Sprache:
Deutsch
Anbieter:

Artikel angeboten seit:
24.05.2020
Tickets:
1
Zustandsbeschreibung
Namensssticker
Plastifzierung löst sich
Artikelbeschreibung
Ein Straflager in Sibirien, Winter 1950/51, irgendwo in der eisigen Taiga. Der Häftling Nr. S-854 liegt fröstelnd unter der viel zu dünnen Decke und wünscht sich, der Morgen möge nie anbrechen. Eigentlich heißt er Iwan Denissowitsch Schuchow, ist schon acht Jahre im Lager und weiß, dass man beizeiten aufstehen muss, um sich kleine Vergünstigungen und ein paar Happen extra zu verdienen. Aber heute tun ihm alle Knochen weh. Vielleicht ist er ernstlich krank geworden und könnte versuchen, für einen Tag im Krankenbau unterzukommen? Da schreckt ihn ein Aufseher hoch, verpasst ihm eine Strafarbeit für zu langes Liegenbleiben. Doch Schuchow ist noch dankbar, denn in den Bunker zu kommen wäre weitaus schlimmer.

Am Beispiel eines einzelnen Häftlings schildert Solschenizyn das alltägliche Lagerleben abertausender Inhaftierter, ein Leben, das diese Bezeichnung nicht verdient. Denn die Existenz dieser Gefangenen reduziert sich auf das pure Überleben. Alle ihre Instinkte sind darauf ausgerichtet, das tägliche Martyrium irgendwie zu überstehen, mit dem Leben davon zu kommen, um vielleicht irgendwann wieder in Freiheit zu gelangen. Dabei müssen sie Meister der Anpassung sein, müssen blitzschnell kalkulieren, sich informieren, Kontakte herstellen und pflegen, immer hellwach, aber unauffällig sein. Wenn es ihnen so gelingt, den Tag unversehrt über die Runden zu bringen, nennen sie das schon Glück.

Unter Stalin wurde Soldaten und Offizieren, die unverschuldet in deutsche Kriegsgefangenschaft geraten waren, pauschal Landesverrat unterstellt. Das System von Misstrauen und Einschüchterung produzierte unzählige Unschuldige, die als politische Häftlinge die Arbeitslager jenseits des Urals füllten. Schuchow ist kein Einzelfall. Was Solschenizyn seine Figur durchleben lässt, geht auf selbst Erfahrenes zurück, wird damit zum Dokument der Geschichte, für die es meist keine anderen Quellen als die Literatur gibt. Für den Leser wird es zur bitteren Gewissheit: Die Gefangenen-, Umerziehungs-, Arbeits-, Straf- oder Konzentrationslager auf dieser Welt funktionieren alle nach den gleichen Prinzipien der Unmenschlichkeit.

Solschenizyns Meistererzählung erschien erstmalig 1962 in der UdSSR in der kurzen Periode der Aufarbeitung des Stalinismus unter Chrustschow. Es war das kurze Aufflackern einer unbequemen Wahrheit, die schon bald wieder systematisch unter den Teppich gekehrt wurde, weil sie der sozialistischen Sowjetunion nicht gut zu Gesicht stand. Dieses kurze Stück Prosa hat seither nichts von seiner Eindringlichkeit verloren und verdient es, auch heute gelesen zu werden.
Schlagworte
UdSSR Gulag Gefängnis

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