Home Truths

Neuwertig!

Mark Cullen lebt in Finglas. Finglas ist das South Central von Dublin. Vielleicht war das der Grund, sich einfach mal für fünf Monate in seinem alten Kinderzimmer einzuschließen und mit einem Computer ("Fuck Abbey Road!") eben ein ganzes Album aufzunehmen. "Home Truths" heißt das Resultat, das den ewigen Britpopper genauso interessieren wird wie den hiesigen Indiepopfan mit einem Faible für Melodie. Ein Ohrwurm nach dem anderen springt aus der Kiste; fühlt man sich anfangs an The Divine Comedy oder Suede erinnert, öffnet sich spätestens bei "The Thing About Men" noch zusätzlich ein Feld des Sphärischen und will auch beackert werden. Und dieses Stil-Spiel spielt Herr Cullen so gut, dass auch noch Platz für autobiografische Ernsthaftigkeit bleibt. Wo ist der Haken? Eigentlich gibt es keinen. Im letzten Drittel hat man das Gefühl, die Platte lasse qualitativ nach. Ein zweiter Hörgang beweist das Gegenteil. Zugegeben, diese Songs ködern nicht so schnell wie die Ohrwürmer im ersten Drittel. Doch was ist langweiliger als ein Ohrwurm, den man nicht mehr los wird? Von dieser Seite betrachtet, liefert Cullen gleich den Gegenentwurf zu den im ersten Drittel repräsentierten Ideen mit. Sampling und unterschwellige Soundwälle sind langfristig genauso interessant wie poppy Tunes. Jetzt kann man nur hoffen, dass er mittlerweile seine Rechnung bei der Firma Tiny Computers bezahlt hat und man ihm die Kiste noch nicht wieder weggenommen hat. Ach ja, noch was: Dass ihm die heilige Jungfrau Maria erschienen ist und ihm Mariah Carey empfohlen hat und dass ausgerechnet ebendiese gepaart mit ein bisschen "Stimm-Aerobic" seine Inspiration zum finanziellen Erfolg gewesen sein soll, bleibt zu bezweifeln. Ich glaube, er nimmt uns da ein bisschen auf den Arm. Obwohl ich den Weg von Honigkuchenpferd Mariah Carey über das unvergessliche Mädchenspielzeug "Mein kleines Pony" bis hin zu Pony Club so weit ja gar nicht finde ...

Sonja Müller / Intro

k.A.