Die reinen Wasser von Kitesh. Erzählung.

Seiten und Schnitt vergilbt, aber offensichtlich ungelesen.

"Wer sagt die berühmte Stadt Kitesh wäre spurlos verschwunden? Sie lebt und baut, sie erfüllt und übererfüllt die Pläne, sie übernimmt hohe Verpflichtungen, gibt eine Zeitung heraus, sitzt abend vor dem Fernseher und erhöht unermüdlich das kulturelle Niveau der Massen.
Bisweilen aber, wenn besonders scheußliches Wetter herrscht, sinkt die Stadt Kitesh gleichsam in ewige Ruhe: Vom niedrigen Himmel nieselt es, die Mehrzahl der Kitesher Bürger versteckt sich in ihren Häusern, und diejenigen, die hinaus müssen auf den nassen Asphalt und sich dazu in wasserdichte Nylonpellen hüllen, wecken unfrohe Gedanken - wie unähnlich sind sie doch ihren ruhmreichen Vorfahren, welche dazumal fähig waren zu Brudermord und blutigem Gemetzel, zu Sünde und Buße. Die unlängst restaurierte Kuppel der uralten Kathedrale blinkt traurig wie die Glatze des Herrgotts, der sich wundert, was für eine langweilige Welt er geschaffen hat. Und die regennasse Ziegelfassade des Redaktionsgebäudes der örtlichen Zeitung "Morgenröte von Kitesh" gemahnt ein wenig an die Physiognomie eines Dulders, den der Zahnschmerz zermürbt...."
so beginnt der Roman des hierzulande eher unbekannten sowjetischen Autors Tendrjakow.

Industrieller Fortschritt oder Naturerhaltung? In dem sowjetischen Städtchen Kitesh wird diese Frage zu einem turbulenten Verwirrspiel.
"Spielerisch-ironisch erzählt T. einmal wieder die alte, doch sets akute Problematik vom Konflikt zwischen Natur und Kultur" (aus dem Begleittext des Verlags)

aus dem Russsischen: Thomas Reschke

Groteske Sowjetunion