Montauk - Erzählung

tadelloser Zustand - . . .

diese Erzählung übertrifft in mancherlei Hinsicht alles, was wir bisher von Frisch kannten. Es ist sein intimstes und zartestes, sein bescheidenstes und gleichwohl kühnstes, sein einfachstes und vielleicht eben deshalb sein originellstes Buch. Ist es unhöflich - Frisch wurde 1971 geboren -, von einem Alterswerk zu sprechen? -- Wieder erzählt er vom Individuum auf der Suche nach der Selbstverwirklichung, von der leidenden Kreatur zwischen Liebe und Tod, von Erfüllung und Enttäuschung, von Sehnsucht und Verzweiflung. Aber er erzählr anders als früher. Geschichten hatte Frisch immer verstanden als Erfindungen, die nötig seien, um Erfahrungen auszudrücken, um sie lesbar und erkennbar zu machen. Geschichten waren für ihn ?Entwürfe in die Vergangenheit zurück" und ?Spiele der Einbildung, die wir als Wirklichkeit ausgeben". Sie hatten die Aufgabe, seine Erlebnisse und Erfahrungen zu verhüllen und zugleich doch zu verdeutlichen. Denn: ?Man kann ja nicht nackt durch die Welt gehen" - hieß es in Frischs Roman Mein Name sei Gantenbein. Und: ?Ich probiere Geschichten an wie Kleider." Seiner einstigen ?Gier nach Geschichten", der wir soviel zu verdanken haben -übrigens auch noch in dem vor drei Jahren erschienenen Tagebuch 1966-1971 - , ist nun Frisch überdrüssig. Von erfundener Wahrheit will er nichts mehr wissen. In Montauk heißt es: ?Ich möchte dieses Wochenende beschreiben können, ohne .twas zu erfinden, diese dünne Gegenwart ..." Er ist entschlossen, das Wochenende ?autobiographisch" zu erzählen: ?Ohne Personnagen zu erfinden; ohne Ereignisse zu erfinden, die exemplarischer sind als seine Wirklichkeit; ohne auszuweichen in Erfindungen." -- Marcel Reich-Ranicki.

k.A.